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Mittwoch, 29. Oktober 2014

Räuber, Räuber: ausgewählte Schicksale

Ihr Lieben,

ich möchte euch hier die Geschichte einiger Räuber erzählen, und zwar die der Hölzerlipsbande, die um 1810 herum im Odenwald ihr Unwesen trieb:
vorne, sitzend: der schwarze Peter, rechts daneben der Sohn (Spitz) von Hölzerlips,daneben Mannefriedrich. Hinter dem schwarzen Peter stehend Hölzerlips und seine Frau, links neben Hölzerlips Andres (dunkle Haare). Basti ist der gefesselte Junge hinter Mannefriedrich, Veit Krämer sitzt ganz rechts 


Die Hölzerlipsbande

Die Hölzerlipsbande war eine der letzten größeren Räuberbanden in den deutschen Gebieten. Ihr Angriff auf eine Postkutsche zwischem Hemsbach und Laudenbach verursachte den Tod eines Insassen: Um Wertsachen zu erpressen, wurde der Kaufmann Rieder mit Knüppeln geschlagen. Er überlebte den Überfall schwer verletzt, verstarb aber später auf dem Transport in seine Heimatstadt, mutmaßlich an den Folgen seiner Verletzung. Die Polizei reagierte mit einer groß angelegten Razzia, in deren Zuge mehr als 50 Personen festgenommen wurden, unter ihnen fast alle Mitglieder der Hölzerlipsbande. Der Räuber Veit Krämer wurde als einer der ersten festgenommen und verriet schnell die Namen und Verstecke der anderen Bandenmitglieder.
Es wurden Steckbriefe verteilt und nach wenigen Wochen wurden die Räuber Mannefriedrich, Hölzerlips und Andres nebst ihren Familien eingeliefert. Auch Basti wurde bald gefangen, als er versuchte, seine "Beischläferin" aus dem Gefängnis zu befreien.

Die Hölzerlipsbande war eine Bande ohne feste Mitglieder. Die im Folgenden aufgeführten Personen waren nur einige wenige Bandenmitglieder. 

4.1: Georg Philipp Lang, Hölzerlips
Georg Friedrich Lang wurde als Kind umherziehender Eltern in Roth am Berg geboren. Als er hingerichtet wurde, war er über 30 Jahre alt. Bevor er kriminell wurde, verkaufte er Holzwaren, daher sein Spitzname "Hölzerlips".
Während einer früheren Haft im Bergener Gefängnis war, verließ ihn seine Frau und ließ die zwei gemeinsamen Kinder bei ihm zurück. Danach lebte Hölzerlips mit verschiedenen Frauen zusammen und wurde der Anführer einiger anderen Briganten, obwohl er dies stets bestritt. Laut  Ludwig Pfister (dem zuständigen Untersuchungsrichter) bestand an seiner Führungsrolle jedoch kein Zweifel, da Hölzerlips die anderen Räuber, die ihn aufgrund seiner Wutausbrücke und Kraft fürchteten,  stets herablassend behandelte. Selbst seine Beischläferin gab an, dass Hölzerlips ihr mit dem Tod drohte, falls sie irgendendetwas gestehe. Trotz seinem Mangel an Ausbildung war Hölzerlips kein dummer Mann.
Er war der stärkste, aber auch der brutalste Mann der Hölzerlipsbande. Seine Wutausbrüche konnte er kaum unter Kontrolle halten, vor allem nicht, wenn er Brandwein getrunken hatte.
Hölzerlips wurde am 31. Juli 1812 enthauptet. Ihm konnten 15 Straßenraube und 19 Diebstähle und Einbrüche nachgewiesen werden.
Seine letzte Beischläferin, Catherine Orthweis, genannt die Spitzin, wurde nach ihrer Befragung nach Mainz ausgeliefert, wo sie in Abwesenheit von den kaiserlichen Behörden zu Tode verurteilt worden war, da sie zu der Bande von Anton Keil gehörte. Ihre Kinder wurden in ein Waisenhaus gegeben, ihr weiteres Schicksal ist unbekannt.

4.2: Philipp Friedrich Schütz, Mannefriedrich
von links oben nach rechts unten: Mannefriedrich, Hölzerlips, Mathes, Veit
Der in Kopenhagen geborene Philipp Friedrich Schütz war zur Zeit seiner Gefangenschaft in Heidelberg etwa 30 Jahre alt. Seine Eltern, Anna Maria und Johann Valentin Schütz waren einfache Bauern, die einen kleinen Hof in dem Dorf Frügt bei Koblenz bewirtschafteten. Der Baron von Stein, zu dessen Ländereien Frügt gehörte, entschied gemeinsam mit dem Grafen von Schimmelpfennig, Tabak auf dessen Ländereien in Dänemark anzupflanzen und überzeugte einige Familien, unter ihnen die Familie Schütz, dem Grafen zu folgen. Die Familie ließ ihren Hof in den Händen eines Verwalters zurück.
Nachdem die Familie mehrere Jahre in Dänemark gelebt hatte, verstarb der alte Schütz und die Witwe zog mit ihren Kindern in die Heimat zurück. Die Farm war jedoch schlecht verwaltet worden, sodass nach Abzug aller Schulden der Familie nichts mehr zum leben blieb und sie vertrieben wurden.
Mannefriedrichs Schwester heiratete später einen Kaufmann, der auch ihre Mutter zu sich nahm.
Mannefriedrich traf Anna-Catherina, eine junge Frau die ihre Familie verlassen hatte, um den Vater ihres Sohnes Johann zu suchen. Da Vagabunden damals nicht heiraten durften, wurde Mannefriedrich Soldat und konnte so Anna-Catharina ehelichen. Er desertierte bereits nach vier Tagen. Mit Anna-Catharina hatte Mannefriedrich einen Sohn namens Georg, der zur Zeit seiner Gefangenschaft noch ein Säugling war.
Mannefriedrich versuchte seine Familie mit der Wannenmacherei  zu ernähren, schloss sich aber aus Geldnot einigen Räubern an, die er vor allem auf den Märkten kennen gelernt hatte.
Wie die meisten Räuber trank auch Mannefriedrich sehr viel Branntwein. Er war bekannt als Meisterlügner (er hatte einen großen Einfluss auf seine Mithäftlinge) und auch als Meisterausbrecher. Während seiner Gefangenschaft in Heidelberg unternahm er mehrere Versuche zu entkommen.
Trotz seines Räuberlebens war Mannefriedrich gebildet (er konnte lesen und schreiben, was für Vagabunden damals sehr ungewöhnlich war)  und sehr gläubig. Ludwig Pfister beschreibt ihn als intelligentesten und kultiviertesten Räuber der Bande. Mannefriedrich hinterließ mehrere selbst verfasste Lieder und Gedichte, die er an die Mauern seiner Zelle geschrieben hatte.
Mannefriedich wurde am 31. Juli 1812 enthauptet. Ihm wurden 5 Straßenräubereien und 15 Diebstähle und Einbrüche zur Last gelegt.
Das weitere Schicksal seiner Frau und ihren Kindern ist nicht bekannt. Am Tag der Hinrichtung wurde unter anderen für ihren Unterhalt eine Kollekte eröffnet. 

 Andreas Petry, Köhler Andres
Andres war während seiner Gefangenschaft zwischen 17 und 19 Jahre alt. Er war einer der Söhne des Johann Peter Petry, genannt Schwarzer Peter (nach dem das berühmte Kartenspiel benannt ist), ein Räuber aus der Bande des Schinderhannes.
Seit seiner Kindheit wurden Andres nur die Kniffe und Tricks der Räuber beigebracht. Er und seine Brüder nahmen schon früh an den Diebstählen und Einbrüchen teil. Laut Ludwig Pfister versuchte Andres stets seinen Vater und vor allem dem Schinderhannes nachzueifern. Als er zu Tode verurteilt wurde, war er nicht konfirmiert (anderen Quellen zufolge war er nicht einmal getauft).
Andres war sehr musikalisch, er spielte Klarinette, Flöte und Flageolett. Auf den Märkten lernte der junge Mann viele Räuber kennen, denen er sich schließlich anschloss.
Andres wird als lebhaft und fröhlich beschrieben, aber auch als verschlossen, verlogen und rachsüchtig. Ludwig Pfister bemerkte, dass Andres Blick häufig verängstigt und gehetzt wirkte.
Andres hatte drei Brüder und eine Schwester,  Margarethe Petry, die einen großen Einfluss auf ihren Bruder hatte.
Zuerst zu Tode verurteilt, wurde Andres aufgrund seines jugendlichen Alters wie sein Vater zu lebenslanger Zuchthausstrafe begnadigt. Ihm wurden 9 Straßenräubereien und 15 Diebstähle und Einbrüche nachgewiesen.
Margarethe Petry wurden wegen ihres Vagantenlebens, Ehebruchs und Kenntnis von Straftaten zu 6 Monaten Haft verurteilt. Ihr weiteres Schicksal ist nicht bekannt.

Die Hinrichtung in Heidelberg
 Sebastian Luz, Basti
Basti, geboren in Neckargerach, war während der Ermittlungen etwa 18 Jahre alt.
Obwohl er Kind herumziehender Eltern war, ging er eine Zeit lang zu Schule. Da er als fleißiger und begabter Schüler galt, erbot sich ein wohlhabender Gönner, seine Ausbildung zu fördern, doch Bastis Vater lehnte ab, da sein Sohn ihn begleiten sollte.  
Der musikalische Basti lernte auf Märkten Andres kennen, mit dem er sich anfreundete und mit ihm gemeinsam weiterzog. Durch Basti lernte er auch dessen Schwester Margarethe kennen und wurde ihr Beischläfer, damals hatte sie bereits zwei Kinder von einem anderen Mann. Auf diese Weise kam Basti auch mit den anderen Räubern in Kontakt.
Basti wird als mutig, zäh und ausdauernd beschrieben. Hölzerlips gab in einer Befragung folgendes zu Protokoll: "Basti ist der härteste von uns allen. Wenn der als Räuber bis zu seinem 30. Jahre fortgelebt hätte, so wäre Schinderhannes nichts gegen ihn gewesen". Basti gelang es, während den Ermittlungen einmal aus dem Gefängnis zu fliehen, er wurde jedoch nach wenigen Tagen wieder eingefangen.
Er wurde zuerst zum Tode verurteilt, aber dann wegen seines jugendlichen Alters zu lebenslanger Zuchthausstrafe begnadigt. Er beging 2 Straßenraube und 7 Einbrüche und Diebstähle.  Am Tag der Hinrichtung der anderen Räuber wurde unter anderem für seine Gefährtin Margarethe Petry Geld gesammelt.

 Veit Krämer
Der in Hamsthal geborene Veit Krämer war zur Zeit seiner Hinrichtung 22 Jahre alt. Sein Vater, Albert Krämer (Zundelalbert) war ein bekannter Räuber, seine Mutter war zum Zeitpunkt seiner Gefangenschaft bereits verschieden.
Von seinem Vater lernte Veit Krämer das Räuberhandwerk, die Beute wurde normalerweise in Branntwein umgesetzt. Laut Ludwig Pfister zeigte Veit sich gegenüber seiner Familie wenig großzügig. Seine Gefährtin, Eva (die Selserin), die Tochter der Beischläferin seines Vaters verdiente als Bänkelsängerin das Geld für Veit und ihr gemeinsames Kind. Veit, der auch Patenonkel von Mannefriedrichs Sohn war, wird als wankelmütig und unbesonnen, aber auch als wahrheitsliebend und gutmütig beschrieben. Da er weder ernsthaften Ermahnung noch einem freundlichen Befragung lange widerstehen konnte, wurde Veit Krämer zum Hauptzeugen. Seine Geständnisse waren weder von Rache an seinen Kameraden, noch von der Hoffnung auf mildernde Umstände motiviert. Ludwig Pfister zufolge, wäre Veit Krämer nicht in der Lage, ein Leben ohne Kriminalität zu führen, was zum einem an seiner mangelnden Bildung und seinem schlechten Ruf, zum anderen daran liegt, dass er seine Verbrechen nicht bereute.
Veit Krämer wurde am 31. Juli 1812 hingerichtet. Ihm wurden 16 Straßenräubereien und 32 Diebstähle und Einbrüche nachgewiesen. Das Schicksal seiner Frau und seines Kindes ist unbekannt.



 Andere Mitglieder der Bande
Matheus Osterlein, Krämer Mathes: er war nicht am Hemsbacher Straßenraub beteiligt, wurde aber wegen mehreren Überfällen, Einbrüchen und Diebstählen ebenfalls hingerichtet.
Lange Andres: Er war am Hemsbacher Straßenraub beteiligt, wurde aber nicht gefasst. Die Strategie des Verteidigers, den Langen Andres als einzigen Schuldigen hinzustellen, schlug fehl.


 tous les descriptions pris de Ludwig Pfister, Aktenmäßige Geschichte der Räuberbanden an den beiden Ufern des Mains, im Spessart und im Odenwald, Heidelberg bei Gottlieb Braun, 1812
Im folgenden angegeben als "Ludwig Pfister"

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