ich möchte euch hier die Geschichte einiger Räuber erzählen, und zwar die der Hölzerlipsbande, die um 1810 herum im Odenwald ihr Unwesen trieb:
Die
Hölzerlipsbande war eine der letzten größeren Räuberbanden in den deutschen Gebieten.
Ihr Angriff auf eine Postkutsche zwischem Hemsbach und Laudenbach verursachte
den Tod eines Insassen: Um Wertsachen zu erpressen, wurde der Kaufmann Rieder mit Knüppeln geschlagen. Er überlebte den Überfall schwer verletzt, verstarb aber später auf dem Transport in seine Heimatstadt, mutmaßlich an den Folgen seiner Verletzung. Die Polizei reagierte mit einer groß angelegten Razzia,
in deren Zuge mehr als 50 Personen festgenommen wurden, unter ihnen fast alle Mitglieder
der Hölzerlipsbande. Der Räuber Veit Krämer wurde als einer der ersten
festgenommen und verriet schnell die Namen und Verstecke der anderen
Bandenmitglieder.
Es
wurden Steckbriefe verteilt und nach wenigen Wochen wurden die Räuber Mannefriedrich,
Hölzerlips und Andres nebst ihren Familien eingeliefert. Auch Basti wurde bald
gefangen, als er versuchte, seine "Beischläferin" aus dem Gefängnis zu befreien.
Die
Hölzerlipsbande war eine Bande ohne feste Mitglieder. Die im Folgenden
aufgeführten Personen waren nur einige wenige Bandenmitglieder.
4.1: Georg Philipp Lang,
Hölzerlips
Georg
Friedrich Lang wurde als Kind umherziehender Eltern in Roth am Berg geboren.
Als er hingerichtet wurde, war er über 30 Jahre alt. Bevor er kriminell wurde,
verkaufte er Holzwaren, daher sein Spitzname "Hölzerlips".
Während einer früheren Haft im Bergener Gefängnis war, verließ ihn seine Frau und ließ die zwei gemeinsamen
Kinder bei ihm zurück. Danach lebte Hölzerlips mit verschiedenen Frauen
zusammen und wurde der Anführer einiger anderen Briganten, obwohl er dies stets
bestritt. Laut Ludwig Pfister (dem zuständigen Untersuchungsrichter) bestand an
seiner Führungsrolle jedoch kein Zweifel, da Hölzerlips die anderen Räuber, die
ihn aufgrund seiner Wutausbrücke und Kraft fürchteten, stets herablassend behandelte. Selbst seine
Beischläferin gab an, dass Hölzerlips ihr mit dem Tod drohte, falls sie
irgendendetwas gestehe. Trotz seinem Mangel an Ausbildung war Hölzerlips kein dummer Mann.
Er
war der stärkste, aber auch der brutalste Mann der Hölzerlipsbande. Seine
Wutausbrüche konnte er kaum unter Kontrolle halten, vor allem nicht, wenn er
Brandwein getrunken hatte.
Hölzerlips
wurde am 31. Juli 1812 enthauptet. Ihm konnten 15 Straßenraube und 19
Diebstähle und Einbrüche nachgewiesen werden.
Seine
letzte Beischläferin, Catherine Orthweis, genannt die Spitzin, wurde nach ihrer Befragung nach Mainz ausgeliefert, wo
sie in Abwesenheit von den kaiserlichen Behörden zu Tode verurteilt worden war,
da sie zu der Bande von Anton Keil gehörte. Ihre Kinder wurden in ein
Waisenhaus gegeben, ihr weiteres Schicksal ist unbekannt.
4.2: Philipp Friedrich
Schütz, Mannefriedrich
von links oben nach rechts unten: Mannefriedrich, Hölzerlips, Mathes, Veit |
Der
in Kopenhagen geborene Philipp Friedrich Schütz war zur Zeit seiner
Gefangenschaft in Heidelberg etwa 30 Jahre alt. Seine Eltern, Anna Maria und
Johann Valentin Schütz waren einfache Bauern, die einen kleinen Hof in dem Dorf
Frügt bei Koblenz bewirtschafteten. Der Baron von Stein, zu dessen Ländereien Frügt
gehörte, entschied gemeinsam mit dem Grafen von Schimmelpfennig, Tabak auf
dessen Ländereien in Dänemark anzupflanzen und überzeugte einige Familien,
unter ihnen die Familie Schütz, dem Grafen zu folgen. Die Familie ließ ihren
Hof in den Händen eines Verwalters zurück.
Nachdem
die Familie mehrere Jahre in Dänemark gelebt hatte, verstarb der alte Schütz und
die Witwe zog mit ihren Kindern in die Heimat zurück. Die Farm war jedoch
schlecht verwaltet worden, sodass nach Abzug aller Schulden der Familie nichts
mehr zum leben blieb und sie vertrieben wurden.
Mannefriedrichs
Schwester heiratete später einen Kaufmann, der auch ihre Mutter zu sich nahm.
Mannefriedrich
traf Anna-Catherina, eine junge Frau die ihre Familie verlassen hatte, um den
Vater ihres Sohnes Johann zu suchen. Da Vagabunden damals nicht heiraten
durften, wurde Mannefriedrich Soldat und konnte so Anna-Catharina ehelichen. Er
desertierte bereits nach vier Tagen. Mit Anna-Catharina hatte Mannefriedrich
einen Sohn namens Georg, der zur Zeit seiner Gefangenschaft noch ein Säugling
war.
Mannefriedrich
versuchte seine Familie mit der Wannenmacherei
zu ernähren, schloss sich aber aus Geldnot einigen Räubern an, die er
vor allem auf den Märkten kennen gelernt hatte.
Wie
die meisten Räuber trank auch Mannefriedrich sehr viel Branntwein. Er war
bekannt als Meisterlügner (er hatte einen großen Einfluss auf seine Mithäftlinge) und auch als Meisterausbrecher. Während seiner
Gefangenschaft in Heidelberg unternahm er mehrere Versuche zu entkommen.
Trotz
seines Räuberlebens war Mannefriedrich gebildet (er konnte lesen und schreiben,
was für Vagabunden damals sehr ungewöhnlich war) und sehr gläubig. Ludwig Pfister beschreibt
ihn als intelligentesten und kultiviertesten Räuber der Bande. Mannefriedrich
hinterließ mehrere selbst verfasste Lieder und Gedichte, die er an die Mauern
seiner Zelle geschrieben hatte.
Mannefriedich
wurde am 31. Juli 1812 enthauptet. Ihm wurden 5 Straßenräubereien und 15
Diebstähle und Einbrüche zur Last gelegt.
Das
weitere Schicksal seiner Frau und ihren Kindern ist nicht bekannt. Am Tag der
Hinrichtung wurde unter anderen für ihren Unterhalt eine Kollekte eröffnet.
Andreas Petry, Köhler Andres
Andres
war während seiner Gefangenschaft zwischen 17 und 19 Jahre alt. Er war einer
der Söhne des Johann Peter Petry, genannt Schwarzer Peter (nach dem das berühmte Kartenspiel benannt ist), ein Räuber aus der
Bande des Schinderhannes.
Seit
seiner Kindheit wurden Andres nur die Kniffe und Tricks der Räuber beigebracht.
Er und seine Brüder nahmen schon früh an den Diebstählen und Einbrüchen teil.
Laut Ludwig Pfister versuchte Andres stets seinen Vater und vor allem dem
Schinderhannes nachzueifern. Als er zu Tode verurteilt wurde, war er nicht konfirmiert
(anderen Quellen zufolge war er nicht einmal getauft).
Andres
war sehr musikalisch, er spielte Klarinette, Flöte und Flageolett. Auf den Märkten
lernte der junge Mann viele Räuber kennen, denen er sich schließlich anschloss.
Andres
wird als lebhaft und fröhlich beschrieben, aber auch als verschlossen, verlogen
und rachsüchtig. Ludwig Pfister bemerkte, dass Andres Blick häufig verängstigt
und gehetzt wirkte.
Andres
hatte drei Brüder und eine Schwester,
Margarethe Petry, die einen großen Einfluss auf ihren Bruder hatte.
Zuerst
zu Tode verurteilt, wurde Andres aufgrund seines jugendlichen Alters wie sein
Vater zu lebenslanger Zuchthausstrafe begnadigt. Ihm wurden 9
Straßenräubereien und 15 Diebstähle und Einbrüche nachgewiesen.
Margarethe
Petry wurden wegen ihres Vagantenlebens, Ehebruchs und Kenntnis von Straftaten
zu 6 Monaten Haft verurteilt. Ihr weiteres Schicksal ist nicht bekannt.
Die Hinrichtung in Heidelberg |
Sebastian Luz,
Basti
Basti,
geboren in Neckargerach, war während der Ermittlungen etwa 18 Jahre alt.
Obwohl
er Kind herumziehender Eltern war, ging er eine Zeit lang zu Schule. Da er als
fleißiger und begabter Schüler galt, erbot sich ein wohlhabender Gönner, seine
Ausbildung zu fördern, doch Bastis Vater lehnte ab, da sein Sohn ihn begleiten
sollte.
Der
musikalische Basti lernte auf Märkten Andres kennen, mit dem er sich
anfreundete und mit ihm gemeinsam weiterzog. Durch Basti lernte er auch dessen
Schwester Margarethe kennen und wurde ihr Beischläfer, damals hatte sie bereits
zwei Kinder von einem anderen Mann. Auf diese Weise kam Basti auch mit den
anderen Räubern in Kontakt.
Basti
wird als mutig, zäh und ausdauernd beschrieben. Hölzerlips gab in einer Befragung
folgendes zu Protokoll: "Basti ist
der härteste von uns allen. Wenn der als Räuber bis zu seinem 30. Jahre
fortgelebt hätte, so wäre Schinderhannes nichts gegen ihn gewesen".
Basti gelang es, während den Ermittlungen einmal aus dem Gefängnis zu fliehen,
er wurde jedoch nach wenigen Tagen wieder eingefangen.
Er
wurde zuerst zum Tode verurteilt, aber dann wegen seines jugendlichen Alters zu
lebenslanger Zuchthausstrafe begnadigt. Er beging 2 Straßenraube und 7
Einbrüche und Diebstähle. Am Tag der Hinrichtung
der anderen Räuber wurde unter anderem für seine Gefährtin Margarethe Petry
Geld gesammelt.
Veit Krämer
Der
in Hamsthal geborene Veit Krämer war zur Zeit seiner Hinrichtung 22 Jahre alt.
Sein Vater, Albert Krämer (Zundelalbert) war ein bekannter Räuber, seine Mutter
war zum Zeitpunkt seiner Gefangenschaft bereits verschieden.
Von
seinem Vater lernte Veit Krämer das Räuberhandwerk, die Beute wurde
normalerweise in Branntwein umgesetzt. Laut Ludwig Pfister zeigte Veit sich
gegenüber seiner Familie wenig großzügig. Seine Gefährtin, Eva (die
Selserin), die Tochter der Beischläferin seines Vaters verdiente als
Bänkelsängerin das Geld für Veit und ihr gemeinsames Kind. Veit, der auch
Patenonkel von Mannefriedrichs Sohn war, wird als wankelmütig und unbesonnen,
aber auch als wahrheitsliebend und gutmütig beschrieben. Da er weder
ernsthaften Ermahnung noch einem freundlichen Befragung lange widerstehen
konnte, wurde Veit Krämer zum Hauptzeugen. Seine Geständnisse waren weder von
Rache an seinen Kameraden, noch von der Hoffnung auf mildernde Umstände
motiviert. Ludwig Pfister zufolge, wäre Veit Krämer nicht in der Lage, ein
Leben ohne Kriminalität zu führen, was zum einem an seiner mangelnden Bildung
und seinem schlechten Ruf, zum anderen daran liegt, dass er seine Verbrechen
nicht bereute.
Veit Krämer wurde am 31. Juli 1812
hingerichtet. Ihm wurden
16 Straßenräubereien und 32 Diebstähle und Einbrüche nachgewiesen. Das
Schicksal seiner Frau und seines Kindes ist unbekannt.
Andere Mitglieder
der Bande
Matheus
Osterlein, Krämer Mathes: er war nicht am Hemsbacher Straßenraub beteiligt,
wurde aber wegen mehreren Überfällen, Einbrüchen und Diebstählen ebenfalls
hingerichtet.
Lange
Andres: Er war am Hemsbacher Straßenraub beteiligt, wurde aber nicht gefasst. Die
Strategie des Verteidigers, den Langen Andres als einzigen Schuldigen
hinzustellen, schlug fehl.
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